Die Geschichte von Macht, Herrschaft und Liebe, von Schuld und Bewältigung gehört zu den impulsivsten Opern Mozarts. In der aktuellen Inszenierung von „Idomeneo, rè di Creta“ lässt die Mozart-Spezialistin Arila Siegert vor allem das Orchester mit den Gesangspartien stark in Dialog treten. Den Chor interpretiert Siegert nicht als anonyme Masse, sondern als eine Ansammlung eigenständiger menschlicher Individuen, die ein gleichgestelltes Gegengewicht zu den Einzelfiguren bilden.
So kann das Werk intensiv erforscht werden, um auch die feinsten musikalischen Gefühlsnuancen darzubieten. Genauste Figurenpsychologie und fantasievolle, hochsensible Bilderwelten sind das Markenzeichen von Siegerts Operninszenierungen. Am Salzburger Landestheater inszenierte sie bereits „The Passion of Jonathan Wade“....
...Dieser "Idomeneo" im Landestheater stellt musikalisch nicht nur
alle aktuellen Mozart-Anstrengungen der benachbarten Festspiele in den
Schatten [...], er bewegt sich auch im internationalen Vergleich auf
hohem Niveau...
Idomeneo
...The new production in Salzburg was led by director
Arila
Siegert who has a background in dance.
Especially during the
dramatic big choir scenes the choreography of the choir achieved a great
effect. Definitely the most interesting part of the production was the
stage by Hans-Dieter Schaal. The plain and cold stage
created a highly charged atmosphere and the easy changes of the stage
simply made a good impression...
A real highlight of the
performance was Mirga Gražinytė-Tyla conducting the
performance. Not only does she look really elegant while conducting, she
also gives an enormously professional impression. Her cues and her
technique are totally clear and actually nice to look at. But not only
technically she did a great job, but also musically.
Her energetic
conducting caused a highly explosive performance full of passion and
intensity. The Mozarteumorchester Salzburg definitely lived up to its
patron saint and played wonderfully. They sounded brilliant and gave a
performance full of contrasts and balance at the same time. But not only
the orchestra, also the Chor (und Extrachor) des Salzburger
Landestheaters did a great job this time...
Probably the most
amazing vocal performance of the evening was accomplished by
Sophie Rennert as Idamante. I do not even know what to write
because I simply cannot imagine this role to be sung any better. Her
creamy balanced mezzo has a very warm lower register and a creamy bright
upper register. Her voice is flexible, her diction was fine and her
acting very commited. I can only say: BRAVA!
Alltogether I have to say ... the evening was very enjoyable and surprisingly well done. I have not heard such qualitative singing in a production of the Salzburger Landestheater for quite some time and I hope this is the first step into a better casting policy in the future. Therefore, I am happy to give 8 stars.
Arila Siegert ... hat Regie geführt. Manch gute Idee hat sie investiert...
...Musikdirektorin Mirga Gražinytė-Tyla, die als eben inaugurierte Chefdirigentin des City of Birmingham Symphony Orchestra längst auf dem Weg zum Weltstar ist (und bei der Premiere dementsprechend unter internationaler Beobachtung stand), begann "Idomeneo" mit beherztem Zugriff, straffen Tempi und pointiert angespitztem Klang des weit hochgefahrenen, brillanten Mozarteumorchesters...
Gleichwohl öffnen sich in dieser Interpretation auch wunderbar "sprechende" Momente in vielfältig aufgefächerten Details, zeigt die Dirigentin ihr sensibles Gespür für subtil einfühlsame klangsprachliche Sängerbegleitung.
Hier hatte man in der Premiere mit dem Problem zu kämpfen, dass auf Grund einer Kehlkopfentzündung Christoph Strehl als Idomeneo stimmlich ausfiel. Er spielte mit Intensität, was ihm die Regisseurin aufgab zu tun, während von der Seite Bernhard Berchtold, von Salzburg weg hochkarätig in der internationalen Opernwelt aktiv, die Titelrolle mit samtenem, geschmeidig glänzenden Tenor meisterhaft und stilistisch versiert "einsang".
Auch das Liebespaar hat großes Format: überragend in ihrer präzisen Energie und vokalen Ausstrahlung Sophie Rennert als Idamante, mit anmutig rundem Timbre Lavinia Bini als Ilia...
...gleichzeitig scheint die junge Dirigentin gegen die Klischees gefeit, die manche ihrer Kollegen mit historischer Aufführungspraxis verwechseln. Weder überhetzt sie fortwährend die Tempi, noch klingt dieser "Idomeneo", als habe Mozart ihn für die nächstbeste Bierschwemme [!] komponiert. Noch im größten Sturm wahrt Gražinyte-Tyla Platz für Nebenstimmen und Seitenthemen...
...Das Team – die Dirigentin und Musikdirektorin Mirga Gražinyte-Tyla an der Spitze (sie kommt von der Chorkunst), Arila Siegert als Regisseurin – musste mit Unwägbarkeiten zurande kommen: Christoph Strehl (Idomeneo) erkrankte, so gab es eine Teilung, das Spiel übernahm der Hauptdarsteller, ein Kollege den Gesangspart...
...Ein Stürmen und Tosen, Flüstern und Wispern: ein Meer der Freude, das Mirga Gražinytė-Tyla mit dem Mozarteumorchester in grandioser Bewegung hält. Nichts wirkt aufgesetzt, willkürlich dem Interpretations-Zwang unterworfen. Leuchtende Strahlkraft und im nächsten Augenblick sensible Schattierungen, nahezu ein irrlichterndes Flehen nach Erhörung. Fantastisch.“